Frauen schreiben Geschichte

Podcastcover zu "Kvinde ken din historie"
Podcastcover "Kvinde kend din historie", https://podimo.com/dk/shows/9dbf0a74-3661-4b91-8c33-75190a0283f6

Dass Frauen im Geschichtskontext oft untergehen, ist wohl bekannt. Auch in Dänemark ist das der Fall, wie es die junge dänische Historikerin Gry Nielsen-Jexen feststellen musste. Das wollte sie ändern und erstellte im Herbst 2018 auf Instagram den Kanal „Kvinde kend din historie“ (Frau, kenne deine Geschichte).

von Danijela Jelen

Während ihres Geschichtsstudiums an der Universität Roskilde begegnete sie in den Büchern und Kursen in erster Linie Männern. Sie waren es, die Geschichte schrieben und in bekannte, historische Ereignisse verwickelt waren. Frauen dagegen findet man in Geschichtsbüchern kaum. Jexen hatte sich mit diesem Ungleichgewicht nie näher befasst, bis sie nach Abschluss ihres Studiums diesen blinden Fleck doch einmal genauer unter die Lupe nehmen wollte.

Zur eigentlichen Offenbarung, wie sie es selbst nennt, gelangte sie als Organisatorin einer Fernsehsendung über das Jahr 1918 in Dänemark. Dabei stieß sie auf eine Frau, von der sie noch nie gehört hatte: Die Autorin Karin Michaëlis. Sie wurde fast zur gleichen Zeit geboren, wie der Schriftsteller Johannes V. Jensen, der 1944 den Literaturnobelpreis gewonnen hat und heute jedem*r dänischen Schüler*in im Unterricht begegnet.

Wie kann es sein, dass Jensen jeder kennt, Karin Michaëlis hingegen vergessen wurde, obwohl sie viele Romane und Kinderbücher geschrieben hat, die in über 10 Sprachen übersetzt und in den USA sogar teilweise verfilmt wurden?

Solche vergessenen weiblichen Biographien stellt sie auf ihrem Kanal kurz dar. Mittlerweile hat sie über 30.000 Follower. Mehr noch: Ein gleichnamiger Podcast, in dem sie sich mit einigen ausgewählten Frauen unterhält, wurde ins Leben gerufen. Geplant sind außerdem Poster mit weiblichen Persönlichkeiten, die in Kinderzimmern aufgehängt werden können, um die Jüngsten mit weiblichen Vorbildern vertraut zu machen.

Das Feedback ist durchaus positiv. „Wow, eine spannende Geschichte!“ oder „Was für eine Vorkämpferin!“ liest man zum Beispiel unter ihren Posts.

Ihren Ursprung hat die Frauengeschichtsforschung in den 1970er Jahren, als auch Frauen anfingen, Universitäten zu besetzen und zu demonstrieren. Jexen tritt mit ihrem Projekt sozusagen in deren Fußstapfen, um die Geschehnisse aus einer weiblichen Perspektive zu erzählen. Sie will aber auch die Gleichberechtigung von Frauen weiter voranbringen. Wenn wir immer nur sagen, dass Geschichte von weißen Männern geschrieben wird, wird sich nichts ändern. Dann ist es wie eine selbsterfüllende Prophezeiung. Mit ihren Beiträgen zeigt sie, dass Frauen in dieser Geschichte genauso einen Platz haben können wie Männer. Im Englischen wird dafür gerne der Begriff „Herstory“ als Gegenpol zur klassischen Geschichte verwendet.

Fragt man Gry Jexen, was das Beste an dem Projekt ist, kann sie viele Dinge nennen.

Das wohl Tollste sei aber die Community. Denn auch wenn letztendlich sie über den Inhalt des Profils entscheidet, geben ihre Follower ihr viel Inspiration und machen auf Frauen aufmerksam, von denen sie selbst noch nie gehört hat. Sie sieht das Ganze als Prozess, indem sie selber sehr viel lernt.

Wenn ihr nun auch einen Blick auf ihre Arbeit werfen wollt, schaut gerne hier vorbei: