Von Janina Wildermuth
Wenn nicht gerade Trump versucht die größte Insel der Welt zu kaufen, ist es in und um Grönland herum eigentlich sehr, sehr ruhig. Grund dafür ist vielleicht die einzigartige Sprache oder eventuell auch die abgeschottete Lage hoch im Norden zwischen Kanada und Skandinavien. Ein Student sieht genau das als Ansporn und sorgt seit 2016 mit seinem Hobby dafür, dass Grönland im Netz mehr Aufmerksamkeit erhält. Er schreibt immer neue und neue Artikel für Wikipedia.
Kenneth Wehr ist 20, studiert Nordeuropa-Wissenschaften in Berlin und investiert bis zu 30 Stunden pro Woche in die Recherche und das Verfassen von Texten. Damit hat der junge Student aus Niedersachsen fast dreiviertel aller deutschsprachigen Wikipedia-Artikel über Grönland geschrieben. Kenneth bedient eine Nische, die noch viel zu wenig Anerkennung erhalten hat. „Ich finde Wissen ist essenziell. In der Wikipedia wird so viel wie möglich über die Menschheit zusammengetragen, konserviert und so vor dem Vergessen bewahrt. Dazu trage ich gerne bei.“
Kenneth Wehr alias „Kenny McFly“
Viele seiner Infos bekommt Kenneth aus dänischen Lexika, Kirchen- oder Geschichtsbüchern und Zeitungsartikeln. Die Sprache hat er während seines Studiums erlernt. Eines Tages auch Grönländisch so gut wie Dänisch zu beherrschen, ist sein großes Ziel. „Allerdings ist die Sprache einfach extrem schwierig und anders als alles, was ich bisher kennengelernt habe“, sagt der Skandinavist. Seine Leidenschaft für die Insel entwickelte sich während einer Schiffsreise, die ihm seine Großmutter 2016 zum bestandenen Abitur geschenkt hat. Am nördlichsten Punkt ihrer Tour, in der Diskobucht, war er überzeugt davon, dass das Land wesentlich mehr zu bieten habe, als wir eigentlich vermuten. Viele Informationen seien der deutschsprachigen Gemeinschaft gar nicht zugänglich. „Wer sind eigentlich die Grönländer und warum gehört die Insel überhaupt zu Dänemark?“ Auf solche Fragen suchte Kenneth Antworten. Nur war frei zugängliches Wissen darüber auf Deutsch gar nicht so leicht zu finden. Deshalb nahm er das selbst in die Hand und meldete sich unter dem Namen „Kenny McFly“ bei Wikipedia an.
Ein Spezialgebiet innerhalb der Nische hat der Wahlberliner nicht. Er schreibt meist über das, was bei Wikipedia noch fehlt und stößt dabei auf interessante Fakten: „Geschichte kann mega spannend sein. Wenn man einen Artikel über Orte, wie Appat oder Imerissoq schreibt, die seit Jahrzehnten null Einwohner haben, dann ist das schon ziemlich faszinierend. Auch richtig interessant finde ich meine Liste der Baudenkmale. In einem Buch von 1921 werden fast alle Häuser, die bis dahin in Grönland gestanden haben, einzeln architektonisch und wofür sie benutzt wurden, beschrieben. Dass man da so viel drüber weiß, ist einfach unglaublich.“
Kenneth Wehr will natürlich etwas ungewöhnliches studieren
Momentan forscht Kenneth zur Kolonialgeschichte Grönlands im 18. und 19. Jahrhundert. Dabei steht er über Facebookgruppen mit anderen Grönlandfans und auch Grönländern in Kontakt. Der Austausch sei zwar noch ausbaufähig, aber immerhin sei ein Netzwerk vorhanden. In naher Zukunft hofft der Wahlberliner in Kopenhagen Eskimologie studieren zu können. Von seinem Wissenszuwachs werden wir dann sicher profitieren können, denn ein Wikipedianer wie Kenneth Wehr schreibt für die Gemeinschaft.